Textauszug Weißgold-Flügel



"... sie begann abermals das zu tun, von dem sie wusste, dass es ihr nicht guttat: Sie besuchte wieder regelmäßig den Bereich des Friedhofs
am Vivantes-Klinikum, der dem Verfall preisgegeben worden war. Dort strich sie an großen Familiengrüften mit überdimensionalen Grabsteinen und Skulpturen entlang, die aussahen wie bröckelige Kirchenfassaden. In sich zusammengefallene Mausoleen, in denen sich ein Arsenal an alten Steinen versammelte, lagen neben verwitterten und überwucherten Grabanlagen aus schwarzem Marmor. Die Beerdigungen lagen zum Teil schon über achtzig Jahre zurück und die goldenen Lettern erzählten von der Trauer um Söhne, die im Ersten Weltkrieg gefallen waren. Stellenweise wucherte der Weg derart zu, dass sie kaum vorankam. Aus manchen Gräbern wuchsen riesige Bäume. Andere waren mit verwitterten schmiedeeisernen Gittern umgeben und überall verstreut lagen umgefallene Marmorblöcke wie überdimensionale Dominosteine. Verkehrslärm hörte man hier kaum noch, stattdessen zwitscherten Vögel ein Lied von der Vergänglichkeit allen Seins."
aus: "Weißgold-Flügel" 
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